Biographie

Biographie von Erwin Emerich, dem Zeppelinmaler

Erwin Emerich, 1.2.1876 – 15.12.1960

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Ein langes Leben war ihm beschert – aber leider gibt es kein Tagebuch, das die Entwicklung seiner Seele im Auf und Ab der Geschichte beschreiben könnte. Dafür hat er uns seine Bilder hinterlassen.
In Straßburg wurde er als Sohn von Heinrich Emerich, Sekretär der Königlichen Generaldirektion der Eisenbahnen, und Amalie geb. Hehn geboren. Er verbrachte mit seinen 3 Geschwistern unbeschwerte Jugendjahre in Straßburg. Mit Erfolg besuchte er das Lyzeum, anschließend die Kunstgewerbeschule, lernte unter dem Münchner Prof. Anton Johann Nepomuk Seder und Prof. Jordan zeichnen und malen nach lebendem Modell (Porträts, weibliche und männliche Aktstudien) und unter Daubner und Hacke landschaftliche Studien im Freien und konstruktive Perspektive. Außerdem besuchte er die Anatomie. In seine Straßburger Zeit fiel auch ein 6-wöchiger Aufenthalt als Gast in der damals aufstrebenden Beuroner Kunstschule. So wurde eine Gruppe von Künstlern genannt, die 1868 in der Erzabtei Beuron bei Sigmaringen zur Erneuerung der katholisch-kirchlichen Kunst begründet wurde.
Sein erster Erfolg zeigte sich bei einem Preisausschreiben der Stadt Straßburg für ein farbiges Werbeplakat für Elsaß-Lothringen. Unter 28 Bewerbern erhielt Emerich den ersten Preis und den Auftrag zur Ausführung. Prof. Seder berichtete im Zeugnis vom 19.7.1893 über ihn u.a.: „Bei außergewöhnlichem Talent hat derselbe so hervorragende Fortschritte gemacht, dass seine Arbeiten zu den allerbesten gehören, welche bis jetzt an der Schule geliefert wurden.“ Den Antrag Prof. Seders zu einer 10-jährigen Lehrtätigkeit an der Kunstgewerbeschule, verbunden mit einer Professur, lehnte er aber ab, um seine Ausbildung auf der Akademie der bildenden Künste in Karlsruhe fortzusetzen. Das war in den Jahren 1895 bis 1902. Unter den Professoren Schurth, Kaspar Ritter und Ferdinand Keller bildete er sich in der Portrait- und Aktmalerei weiter aus. Sein Lehrer Prof. Kaspar Ritter sprach über ihn „von außergewöhnlicher Begabung, von großem Fleiß und Ernst und hat schon auf der Akademie selbständig ganz vorzügliche Bildnisse gemalt, sich auch in größeren figürlichen Kompositionen und in figürlichen Gemälden überhaupt hervorgetan“.
Von 1898 bis 1902 war Emerich Meisterschüler von Prof. Ferdinand Keller. Seine erste eigene Kunstaustellung fand im Jahre 1898 im Kunstverein Straßburg statt, sein erster Porträtauftrag kam von Staatssekretär von Schrauth. Anschließend folgten weitere Porträtaufträge hoher Persönlichkeiten der Regierung, u.a. den Statthalter von Elsaß-Lothringen Fürst zu Hohenlohe-Langenburg, den Landtagsvorsitzenden Dr. von Schlumberger oder den Staatssekretär Freiher Zorn von Bulach und seine Gattin.
Im Jahr 1900 erhielt der junge Maler ein Staatsstipendium für einen Jahresaufenthalt in Rom. Dort sollte er Papst Leo, den XIII. malen, fühlte sich aber als junger Mensch angeblich der Sache nicht gewachsen.

Erwin Emerich 1902

Anschließend besuchte er Florenz und Paris. 1902 schloss er mit Anna Abt, der einzigen Tochter des verstorbenen katholischen Stiftungsrates Abt in Karlsruhe, den Bund fürs Leben. In der Heiratsurkunde werden als Trauzeugen Hermann Binz und die Mutter der Braut angegeben. In den folgenden Jahren bis 1907 hielt er sich in München auf. Dort malte er bekannte Persönlichkeiten der Regierung in Oberbayern. 1907 wechselte Emerich seinen Wohnsitz aus familiären Gründen nach Markdorf am Bodensee, wo er bis 1927 verblieb. In der ländlichen Stille des obstgesegneten Linzgaus fand er mehr Muße als im umtriebigen München. Die Bodenseelandschaft animierte ihn zu atmosphärischen Bildern. 1909 erhielt er den Auftrag der Stadt Konstanz, deren Ehrenbürger Graf Ferdinand von Zeppelin zu malen. Es folgten die Städte Friedrichshafen, Lindau und Worms mit denselben Aufträgen. Bis zum ersten Weltkrieg portraitierte er noch zahlreiche Persönlichkeiten vom Rang und Stand, aber mit der Familie von Zeppelin verband ihn ein besonderes fast freundschaftliches Verhältnis. Er wurde der Zeppelinmaler.

Erster Weltkrieg

1915 wurde er als Ungedienter eingezogen. Er wurde im Westen und im Osten als Infanterist eingesetzt. Es entstanden Gemälde u.a. vom zerstörten belgischen Ort Leuven, das mir 2012 die Bekanntschaft eines deutschamerikanischen Kunsthistorikers bescherte, der dieses Gemälde für den lächerlichen Preis von 80 EUR im Internet ersteigert hatte und über meine Internetseite Kontakt zu mir aufnahm, um die Hintergründe des Gemäldes zu erforschen. Ab Herbst 1917 wurde Erwin Emerich als Kriegsmaler zur Mitarbeit an den Kriegswerken „Die Feinde Deutschlands und seiner Verbündeten“, „Die Wehrmacht Deutschlands und seiner Verbündeten“ herangezogen. In Taganrog am asowschen Meer (Russland, Don-Mündung) und in Odessa hielt er sich bis Kriegsende auf und war dort dem Ulanenregiment 20 als Kriegsmaler zugeteilt. Emerich studierte die unterschiedlichen Ethnien in Kriegsgefangenenlagern. Die Kriegsgefangenenlager hatten den Vorteil, dass ausgedehnte Reisen unterbleiben konnten. Die wissenschaftlichen anthropologischen Untersuchungen sollten völkerverbindenden Zwecken dienen. 1917 teilte Prinz Max von Baden Emerich mit, dass es beschlossen sei, ihn auf die Professorenliste zu setzen. 1917 erfolgte die offizielle Einladung des Kabinettschefs, des Königs von Württemberg, nach Stuttgart. Emerich erhielt die offizielle Mitteilung, dass die Königin von Württemberg sich entschlossen hätte, sich von ihm nach Kriegsende malen zu lassen. Im Auftrag des Königs hatte der Kabinettschef Emerich mitzuteilen, dass er nach Kriegsende eine Berufung als Professor an die Akademie nach Stuttgart erhalte. Revolution und Kriegsausgang machten dies leider unmöglich. Ende 1917 ereilte ihn das schwere Schicksal, dass seine einzige Tochter Felicitas oder „Lizi“, wie er sie nannte, im Alter von 14 Jahren an einer Krankheit verstarb. Er erhielt kurzen Heimaturlaub im Dezember und kehrte erst 1918 endgültig nach Hause zurück.

20-er Jahre

Nach dem Kriege erhielt Emerich 1924 u.a. den Auftrag, ein großes Standbild des Herzogs Albrecht von Württemberg als Generalfeldmarschall zu malen. Anlässlich eines Preisausschreibens der Stadt Überlingen für ein farbiges Werbeplakat erhielt er für drei Entwürfe nicht nur den ersten Preis mit Auftrag, sondern auch den zweiten und dritten Preis. 1928 übersiedelte er mit seiner Familie nach Lörrach, weil er in der Nähe der Schweiz sein wollte. Es folgen in dieser Zeit viele Porträts prominenter Persönlichkeiten am Platze, viele Portraits in Basel, Zürich und Bern. U.a. wurden Graf von Königsegg, die Freiburger Erzbischöfe Dr. Nörber und Dr. Gröber, wie auch Reichskanzler Brüning, der dazu nach Lörrach kam, von ihm porträtiert.

Nationalsozialismus

Über die Zeit des Nationalsozialismus ist nicht viel bekannt. Im Rahmen der Entnazifizierung wurden viele Dokumente zerstört. U.a. auch ein Dankesschreiben von Adolf Hitler vom April 1936, worin der Führer dem Künstler für ein von ihm zum Geburtstag übersandtes Ölgemälde seinen Dank aussprach. Anlässlich seines 60. Geburtstages heißt es: „In der Hauptsache ist Emerich der Portraitmaler, und als Schöpfer mit der besten Führerbildnisse, die er auf Grund umfangreichen Aufnahmematerials seitens der Reichsstelle, des Deutschen Nachrichtenbüros und der Schöpferin der Reichsparteitagsfilme, Leni Riefenstahl, ganz besonders aber auf Grund eigener Beobachtungen während seiner Aufenthalte auf dem Obersalzberg und in Berchtesgaden geschaffen hat. Diese Bilder des Führers, sowohl im Zivilkleid wie im Braunhemd, können tatsächlich mit zu den besten Führerbildnissen überhaupt gezählt werden. So haben Führerbilder von der Hand Emerichs bereits erworben die Städte Lörrach, Weil am Rhein, Grenzach, Rheinfelden und Bayreuth, außerdem zahlreiche der größten und bekanntesten Firmen und Persönlichkeiten in Oberbaden.“ 1940 schuf er ein weiteres Bildnis des Führers im „schlichten, feldgrauen Rock mit aufgeschlagenem Mantelkragen“. Anlässlich seines 65. Geburtstags erschien ein Artikel von Franz Wetzel in dem es heißt, dass „selbst wenn man die frühen Arbeiten des Künstlers nicht kennt, muss man allein schon durch die Betrachtung seiner in den letzten Jahren geschaffenen Führerbildnisse, die er auf Grund umfangreichen Aufnahmematerials und eigener Beobachtungen während seines Aufenthalts auf dem Obersalzberg und in Berchtesgaden geschaffen hat, zu der Überzeugung kommen, daß wir es mit einem der hervorragend begabten Porträtisten zu tun haben. Man wird einmal diese Führerbildnisse Emerichs zu jenen Dokumenten zählen, die die ganze Größe der Führergestalt im Spiegel seines Antlitzes zeigen und in einer geistig vertieften Einfühlungsweise echt und lebenswahr zum Ausdruck bringen. Der Künstler hat diesen Bildern sein ganzes Können, seine Liebe und seine Begabung angedeihen lassen.“ Von allen diesen Gemälden ist heute nach meinen Recherchen nichts mehr bekannt. Erst 2015 tauchte wieder ein Hitler Portrait bei einer Versteigerung auf. Emerich gehörte nicht zu den Künstlern, die im Rahmen der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ (1937 bis 1944) im Haus der Deutschen Kunst in München ausstellten. Sein Verhältnis zum Dritten Reich hing auf der anderen Seite mit dem Schicksal seines Bruders Dr. Heinrich Emerich zusammen, der als Bürgermeister von Überlingen 1933 (für die Zentrumspartei) von den Nazis entmachtet und ins Gefängnis geworfen wurde, wo er kurze Zeit später im gleichen Jahr verstarb. Der Bruder war damit eines der ersten Opfer des Widerstands – noch heute ist in Überlingen eine Straße nach ihm benannt. Nicht bekannt ist, was das an Repressalien für die Verwandten und speziell seinen Bruder seinerzeit bedeutete. Erwin Emerich war nach den vorliegenden Aufzeichnungen nicht Mitglied in der NSDAP. Aufgrund der Erziehung seiner Söhne dürfte er ein Mensch gewesen sein, der tief im katholischen Glauben verwurzelt war. Die Entstehung des Werkes „Laufenburg in Eis und Schnee“ ist noch überliefert: „Anfang des Kriegsjahres 1943 kam Erwin Emerich mit dem Zug nach Laufenburg und stieg mit Staffelei, Zeichenblock und den Buntstiften auf den Turm der Heilig-Geist-Kirche in Laufenburg/Baden. Von dort aus zeichnete er Stadt und Landschaft, das großformatige Ölgemälde wurde danach im Atelier in Lörrach ausgearbeitet. Nach Aussage des Mannes, der ihm beim Tragen der Malutensilien half, wollte Erwin Emerich alles in dem Lichte darstellen, das an einem Januarnachmittag um halb vier herrscht. Genau diese Zeit zeigt die Uhr am Rathaus von Laufenburg/Baden. Das Spiel mit dem Licht oder die Stimmung dieses Nachmittags läßt sich aber auch noch weiter deuten: Die 6. Armee der deutschen Wehrmacht verblutet in der Schlacht von Stalingrad. Wie ein dunkler Schatten schleicht sich die Vorahnung, den Krieg endgültig zu verlieren, in die Köpfe der Menschen. Dieser Schatten wirft sich auf dem Bild kalt und erbarmungslos über den badischen Teil des Städtchens, während sich der Schweizer Teil im goldenen Licht der Freiheit zeigt.“ (aus: “Laufenburg – Bilder erzählen Geschichten”) Am 10.10. 1944 starb sein jüngster Sohn Felix als Jagdflieger im Alter von 24 Jahren an der Westfront. Mehrere der Zeppelinbilder von Emerich wurden bei den schweren Fliegerangriffen auf die Zeppelinstadt Friedrichshafen 1944 zerstört.

Nachkriegszeit

Anlässlich seines 70. Geburtstages am 1. Februar 1946 wurde ein Hauskonzert mit Rezitationen unter dem Motto „Die Kunst ist zwar nicht das Brot, aber der Wein des Lebens!“ aufgeführt. Ausführende waren u.a. Christel Schleiden, Heide Schleiden, Hedwig Schleiden, Lore Hüni, die Markgräfler Schriftstellerin Helene Zapf und Ernst Hüni. Das Schlusswort lautete: „Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst!“. 1948 fand von Februar bis März eine wichtige Ausstellung seiner Gemälde in Lörrach statt. Der Journalist Walter Schreiber schreibt an Emerich: „Dem Künstler Erwin Emerich widme ich nachstehende Betrachtung über seine Ausstellung Februar bis März 1948 in Ehrfurcht vor einem Meister, dessen Können und schöpferische Kraft ihm die Anerkennung auch der Nachwelt sichern wird. Diese verinnerlichte und reife Kunst, die jedes Bild mit Harmonie und Seele erfüllt, wird in meiner Erinnerung stets als Inbegriff begnadeten Künstlertums fortleben.“ 1955 war seine letzte Ausstellung im „Graf von Söden“-Kasino der Zahnradfabrik Friedrichshafen. U.a. war das von der Stadt Friedrichshafen in Auftrag gegebene Standbild des Grafen von Zeppelin ausgestellt. Erwin Emerich malte 15 Bilder von Graf Zeppelin, als dieser noch lebte, und viele weitere nach seinem Tode. Zum Teil sind diese heute noch im Museum der Zahnradwerke Friedrichshafen oder im Deutschen Museum in München zu sehen. Aber auch in Rom und New York kann man Bilder von ihm in Museen betrachten. Im März 1959 beantragte die Familie Brandenstein-Zeppelin den Professorentitel für ihn. Auch die Geschäftsleitung der Zahnradfabrik Friedrichshafen in Person des Grafen Ekart von Soden-Fraunhofen bat um die Vergabe eines Professorentitels. Im Dezember 1960 verstarb der Künstler im Alter von 84 Jahren. Sein Gesamtwerk schätzte der Maler zuvor auf über 5.000 Bilder.

Eine umfangreichere Biographie befindet sich im Buch „Vergessene und unvergessene Ahnen„.